Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 11.04.2018 – 4 AZR 119/17
Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer gehen oftmals wie selbstverständlich davon aus, dass Betriebsvereinbarungen automatisch für alle Mitarbeiter gelten. Unternehmen nutzen diese Betriebsvereinbarungen als Instrument, um einheitliche Regelungen und Änderungen auch gegen den Widerstand einzelner Mitarbeiter durchzusetzen.
Bislang wurde diese Auffassung durch einen Hinweis des 1. Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in einem Urteil vom 05.03.2013 (Az. 1 AZR 417/12) gestützt. Dort hatte das BAG ausgeführt, dass arbeitsvertragliche Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) mit kollektivem Bezug – und somit im Regelfall alle Standard-Arbeitsverträge – „betriebsoffen“ sind, also durch eine Betriebsvereinbarung geändert werden können. Dies galt nach Auffassung des 1. Senats selbst dann, wenn ein Änderungsvorbehalt nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag festgehalten war, d.h. sich dort kein Hinweis auf eine mögliche Änderung durch vorrangige Betriebsvereinbarungen fand. Der 4. Senat des BAG hat dem nun in seinem Urteil für die Vergütungsvereinbarung jedenfalls teilweise widersprochen. Die Vergütungsvereinbarung erfolge regelmäßig individuell. Dies gelte auch für die Bezugnahme auf Tarifverträge. Eine individualvertraglich vereinbarte Vergütung nach tariflichen Grundsätzen könne durch eine Betriebsvereinbarung nicht zu Lasten des Arbeitnehmers abgeändert werden. Die genaue Begründung der Entscheidung bleibt noch abzuwarten.
Künftig wird zu prüfen sein, welche Teile des Arbeitsvertrages individuell ausgehandelt bzw. vereinbart wurden. Hierbei geht es insbesondere um die wesentlichen Vertragsbestandteile wie die Vertragsparteien, die Tätigkeit und die Zahl der Arbeitsstunden sowie nach genanntem Urteil eben auch die Vergütung oder andere individuell ausgehandelte Bedingungen. Diese sind nur dann durch eine Betriebsvereinbarung ohne Zustimmung des Arbeitnehmers zu dessen Lasten zu ändern, wenn ein entsprechender Vorbehalt ausdrücklich im Arbeitsvertrag aufgenommen wurde. Zur Erinnerung: Auf Regelungen in einer Betriebsvereinbarung zu Gunsten des Arbeitnehmers kann dieser sich ohnehin berufen.