BGH, Urteil vom 23.09.2015, VIII ZR 284/14
Grundsätzlich handelt es sich um die Thematik der Schadensersatzpflicht bei vorzeitig abgebrochenen eBay-Aktionen und unter welchen Voraussetzungen ein Anbieter das Gebot eines Interessenten bei eBay ohne diese Schadensersatzpflicht streichen darf.
Der Anbieter bot auf der Internetplattform eBay einen Jugendstil-Gussheizkörper zu einem Startpreis von 1,00 Euro an. Zu diesem Zeitpunkt lautete § 9 Nr. 11 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay: „Anbieter, die ein verbindliches Angebot auf der eBay-Website einstellen, dürfen nur dann Gebote streichen und das Angebot zurückziehen, wenn sie gesetzlich dazu berechtigt sind.“
Der Bieter hatte für diesen Gussheizkörper nach Einstellung 120,00 € geboten und äußerte vor Gericht, dass er diesen Heizkörper für 4.000,00 € weiterverkauft hätte. Diesen Betrag abzüglich der 120,00 € für die Ersteigerung macht der Bieter als Kläger vor den Gerichten geltend. Der Anbieter – sonst wäre dieser Fall nicht vor Gericht gelandet – beendete drei Tage nach Einstellung, als das Gebot schon abgegeben war, diese Option unter Streichung aller Angebote vorzeitig.
Vor Gericht verweigerte der Anbieter die Übergabe des Heizkörpers und begründete dies damit, dass der Heizkörper zerstört wurde. Weiterhin trug der Anbieter vor, dass der Bieter unseriös sei, da dieser eine Vielzahl von Angeboten – auch für andere Artikel – abgab, aber seine Angebote in zahlreichen Fällen zurücknahm.
Der BGH entschied diesen Streitfall nicht endgültig, sondern wies ihn mangels umfassender Aufklärung des Sachverhaltes an das Landgericht zurück, aber stellte dabei folgende Überlegungen an:
Der für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH äußerte, dass das Angebot eines eBay-Anbieters so auszulegen sei, dass es auch unter dem Vorbehalt steht, unter bestimmten Voraussetzungen ein einzelnes Gebot eines potentiellen Käufers zu streichen und so einen Vertragsschluss mit diesem Interessenten/Bieter zu verhindern. Dies komme unabhängig von § 9 Nr. 11 AGB eBay auch dann in Betracht, wenn gewichtige Umstände vorliegen, welche einem gesetzlichen Grund für die Lösung vom Vertrag entsprechen, mithin zumeist der Anfechtung nach §§ 119 ff. BGB oder des Rücktritts §§ 346, 323 BGB nahe kommen/sind.
Im konkreten Fall äußerte der BGH, dass der Anbieter der Gussheizung aus der Vielzahl von Angebotsabgaben und deren Rücknahmen durch den Bieter – mithin sei der Bieter möglicherweise seinen vertraglichen Pflichten zur Zahlung des Kaufpreises nicht nachgekommen – nicht per se auf die Unseriösität des Bieters schließen dürfe. Dies ergibt sich insbesondere auch aus dem Aspekt, dass der Anbieter (bzw. nach erfolgreicher Auktion = Verkäufer) nicht vorleistungspflichtig ist, sondern regelmäßig gegen Vorkasse oder Zug-um-Zug bei Abholung der Ware geliefert wird.
Darüber stellte der BGH nochmals heraus, dass der Grund für die Streichung eines Angebotes kausal/ursächlich sein muss. An diesem Zusammenhang fehle es aber, wenn für die Streichung des Angebotes nicht die Seriosität bzw. das Verhalten des Klägers, sondern die Zerstörung der Ware ausschlaggebend gewesen ist. Nunmehr – da der BGH keine Feststellungen über Tatsachen trifft – muss das Landgericht der Frage nachgehen, ob der Heizkörper innerhalb der Auktionsfrist unverschuldet zerstört wurde und der Anbieter deshalb zur Streichung des Angebotes bzgl. der Gussheizung berechtigt war.