Urteil des ArbG Magdeburg, Urteil v. 26.10.2016, Az.: 3 Ca 3220/15
Im entschiedenen Fall betrieb ein Unternehmen ein Callcenter mit flexiblen Arbeitszeiten. Für jeden Mitarbeiter wurde ein Arbeitszeitkonto geführt, in welchem Plus- und Minusstunden aufgeschrieben wurden. Bevor ein Mitarbeiter mit der Arbeit anfangen konnte, musste er den Computer hochfahren, sich einloggen, die für die Arbeit notwendigen Programme öffnen und systembedingte Anmeldevorgänge durchlaufen, z. B. Passwörter eingeben.
Ein Callcenter-Agent ließ sich von seiner Projektleiterin bestätigen, dass diese Anmeldeprozedur jeden Tag 9 Minuten und 20 Sekunden erforderte. Daraufhin verlangte er von seinem Arbeitgeber unter anderem, ihm pro Arbeitstag (zumindest) diese Zeit auch für die Vergangenheit auf seinem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben. Der Arbeitgeber weigerte sich – zu Unrecht, wie das Arbeitsgericht Magdeburg entschied.
Grundsätzlich gehört eine Tätigkeit zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer sie zwingend erledigen muss, um der von ihm geschuldeten Arbeitsleistung nachkommen zu können. Auch muss diese Tätigkeit dem Interesse des Arbeitgebers dienen. Hat dagegen der Arbeitnehmer allein ein Interesse an der Tätigkeit, gehört diese nicht zur Arbeitszeit. Während somit das Anlegen einer speziellen Schutzkleidung zur Arbeitszeit zählt, gehört das Anziehen „öffentlichkeitstauglicher“ Dienstkleidung (z.B. bei Verkäufern) nicht zur Arbeitszeit – auch dann wenn dies erst am Arbeitsplatz erfolgt. Das Arbeitsgericht (ArbG) Magdeburg stellte klar, dass systembedingte Arbeitsvorbereitungszeiten zur Arbeitszeit gehören und somit zu vergüten sind.
Wie lange diese „Rüstzeit“ dauern darf, ist vom Einzelfall abhängig. Der Arbeitnehmer darf hierbei nicht besonders langsam agieren, sondern muss vielmehr seine persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpfen. Er muss sich so schnell anmelden, wie es ihm persönlich möglich ist. Realistische Vorgaben des Arbeitgebers oder Betriebsvereinbarungen diesbezüglich sind einzuhalten, sofern nicht im Einzelfall technische Probleme der Einhaltung entgegenstehen.