Geforderte Korrektur eines Nachlassverzeichnisses erfüllt nicht zwingend die Pflichtteilsstrafklausel
In der Praxis kommt im Rahmen der Testamentsgestaltung der Pflichtteilsstrafklausel eine besondere Bedeutung zu. Gerade bei Firmenvermögen kann diese nicht unerhebliche Auswirkungen haben.
Setzen sich Eheleute in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben und ihre Kinder zu Schlusserben des Längerlebenden ein, wird häufig eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel vereinbart. Danach verliert ein Schlusserbe seinen Erbanspruch nach dem Längerlebenden, wenn er nach dem Tod des Erstverstobenen seinen Pflichtteil fordert. Er erhält dann auch nach dem Tod des Längerlebenden nur den Pflichtteil. Das OLG Frankfurt am Main hat nun entschieden, dass eine solche Pflichtteilsstrafklausel nicht bereits dann erfüllt ist, wenn der Schlusserbe nach dem Tod des Erstversterbenden eine Korrektur des ihm vorgelegten Nachlassverzeichnisses fordert.
Nach dem Tod des Ehemanns forderte einer der als Schlusserben nach dem Tode des Letztversterbenden eingesetzten Schlusserben die Ehefrau auf, ihr ein Nachlassverzeichnis vorzulegen. Nach dessen Zusendung verlangte er eine Nachbesserung sowie die Vorlage eines Wertgutachtens für eine in den Nachlass fallende Immobilie. Zur Auszahlung oder gerichtlichen Geltendmachung des Pflichtteils kam es nicht.
Als auch die Ehefrau gestorben war, beantragte das zweite Kind der Eheleute als eine der Schlusserben auf der Grundlage des gemeinschaftlichen Testaments der Eheleute einen Erbschein. Sie berücksichtigte dabei allerdings nicht das Kind, welches nach dem Tode des ersten Elternteils den Auskunftsanspruch zum Pflichtteil geltend gemacht hatte, da dieses damit den Erbanteil verwirkt habe. Das Nachlassgericht kündigte mit dem angefochtenen Beschluss den Erlass des beantragten Erbscheins an. Hiergegen legte dieses Kind Beschwerde ein, denn es habe nach dem Tod des Erstverstorbenen nicht den Pflichtteil von der nunmehrigen Erblasserin gefordert.
Das OLG bestätigte, dass die Pflichtteilsstrafklausel vorliegend nicht erfüllt ist. Auch wenn das Einfordern des Nachlassverzeichnisses und die hieran geübte Kritik zu einer Belastung der überlebenden Ehegattin geführt habe, sei darin noch kein Fordern des Pflichtteils nach § 2303 Abs. 1 BGB zu sehen, sondern nur das Verlangen einer Auskunft über den Wert des Nachlasses im Sinne von § 2314 Abs. 1 BGB. Auf eine solche Auskunft sei der Pflichtteilsberechtigte angewiesen, um eine für ihn sinnvolle Entscheidung treffen zu können.
Eheleute, die in ihrem gemeinschaftlichen Testament den überlebenden Ehegatten vor einem Auskunftsverlangen der Schlusserben nach dem ersten Erbfall schützen wollen, müssen dies in der testamentarischen Pflichtteilsstrafklausel deutlich zum Ausdruck bringen und die Geltendmachung des Auskunftsanspruches in die testamentarischen Regelungen mit aufnehmen.
Gerade zur Absicherung von Firmen ist dies von zentraler Bedeutung. Auch aus diesem Grund empfehlen wir für die Erstellung eines rechtssicheren Testamentes die juristische Unterstützung durch einen spezialisierten Fachanwalt für Erbrecht.
(Beschluss des OLG Frankfurt vom 01.02.2022, Az.: 21 W 182/21)