Grundlegende Änderung seit Januar 2023
Viele Ehegatten glauben, dass sie sich in Notsituationen wechselseitig vertreten dürfen. Dies ist grundsätzlich nicht so. Seit Januar 2023 gilt jedoch gegenseitig das sogenannte Notvertretungsrecht für Ehegatten und Lebenspartner.
1. Was ist das gesetzliche Notvertretungsrecht?
Wenn nach einem Unfall oder einem Herzinfarkt der Patient einer medizinischen Behandlung nicht mehr zustimmen konnte, durfte bisher auch der Ehe- oder Lebenspartner keine Entscheidungen treffen. Es wurde ein Betreuungsverfahren eingeleitet, es sei denn, der Patient hatte eine wirksame Vorsorgevollmacht errichtet.
Seit dem 01.01.2023 existiert dahingehend eine gravierende Änderung. Bei gesundheitlichen Fragen gilt nunmehr automatisch ein sogenanntes Not- oder auch Ehegattenvertretungsrecht.
2. Was bedeutet das im Fall der Fälle?
Seit Beginn des Jahres gilt die Neuerung im BGB, dass für einen Notfall, wenn z.B. eine Person bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert wird, ein gegenseitiges Vertretungsrecht in Gesundheitsangelegenheiten sowie bei kurzfristigen freiheitsentziehenden Maßnahmen besteht.
Dieses Notvertretungsrecht ist jedoch auf sechs Monate begrenzt. Der Arzt oder die Ärztin ist in der Zeit gegenüber dem Ehegatten oder Lebenspartner von der Schweigepflicht entbunden.
3. Was gilt, wenn eine Vorsorgevollmacht existiert?
Eine anderslautende Vorsorgevollmacht geht dem Notvertretungsrecht vor. Das Notvertretungsrecht greift daher nur dann, wenn keine Vorsorgevollmacht existiert und in der Vergangenheit auch kein Betreuer vom Gericht bestellt wurde.
Obliegt dem behandelnden Arzt eine Prüfungspflicht, ob die Voraussetzungen des Notvertretungsrechtes überhaupt vorliegen?
Die behandelnde Ärztin bzw. der behandelnde Arzt muss den Ehegatten lediglich fragen, ob er oder sie berechtigt ist, das Notvertretungsrecht auszuüben. Existiert eine Vorsorgevollmacht, in welcher eine andere Person wie z.B. Tochter oder Sohn als Bevollmächtigte genannt sind, vertritt diese den Patienten und gerade nicht der Ehegatte oder Lebenspartner.
Leben die Ehegatten oder Lebenspartner voneinander getrennt, greift das Notvertretungsrecht ebenfalls nicht.
Ein Ausschluss des Notvertretungsrechtes erfolgt auch dann, wenn der Patient einen Widerspruch gegen das Notvertretungsrecht im Zentralen Vorsorgeregister hinterlegt hat.
Es ist nicht davon auszugehen, dass dem behandelnden Arzt bzw. der behandelnden Ärztin erhöhte Prüfpflichten obliegen. Sie bzw. er muss das Ergebnis der Befragung in einer Bescheinigung festhalten. Ab diesem Zeitpunkt läuft die sechsmonatige Vertretungszeit.
4. Sind Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen weiterhin sinnvoll?
Natürlich. Das Notvertretungsrecht bezieht sich nur auf Gesundheitsangelegenheiten. Andere für die Absolvierung des Alltages sehr wichtige Rechtsangelegenheiten wie z.B. Vertretung gegenüber Rentenversicherungen, Bankgeschäfte etc. sind von dem gesetzlichen Notvertretungsrecht nicht umfasst.
Darüber hinaus ist das gesetzliche Notvertretungsrecht der Ehegatten oder des Lebenspartners auf lediglich sechs Monate beschränkt. Gerade bei längerfristigen Erkrankungen ist der Patient ohne wirksame Vorsorgevollmacht danach der Einleitung eines Betreuungsverfahrens ausgesetzt.