Urteil des Bundesarbeitsgericht vom 13.10.2021, Az. 5 AZR 211/21
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in seinem Urteil vom 13.10.2021 (5 AZR 211/21) mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Arbeitgeber verpflichtet ist, im Fall der behördlichen Anordnung einer Betriebsschließung die Arbeitnehmer dennoch zu bezahlen. Dazu wäre er dann verpflichtet, wenn dies ein Fall des sogenannten Betriebsrisikos ist.
Das LAG Düsseldorf (siehe Beitrag vom 29.06.2021) hatte dies noch bejaht und den Arbeitgeber verpflichtet, die Vergütung dennoch trotz Schließung zu bezahlen. Anders das Bundesarbeitsgericht. Es hat die Klage der bei anderen Vorinstanzen klagenden geringfügig Beschäftigten abgewiesen.
Zur Begründung führte es aus, dass im Falle einer staatlich oder behördlich angeordneten allgemeinen Betriebsschließungspflicht kein Fall des Betriebsrisikos nach § 615 S. 3 BGB vorliegt und betroffene Arbeitgeber daher nicht zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet sind.
Das Gericht hat zunächst die Fälle benannt, in denen der Arbeitgeber das Betriebsrisiko trägt. Liegen die Gründe für die Unmöglichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung in seinem Einflussbereich, etwa bei Materialmangel oder dergleichen, trägt der Arbeitgeber regelmäßig dieses Risiko, ebenso bei Einflüssen von außen, die er nicht verhindern kann. Dies ist z.B. der Fall bei Naturkatastrophen wie Überschwemmung oder der Zerstörung von Betriebseinrichtungen bei einem Brand. Hier handelt es sich um höhere Gewalt. Das LAG Düsseldorf hatte noch angenommen, dass die Pandemie und der folgende Lockdown ein Fall höherer Gewalt darstellen und damit dem vom Arbeitgeber zu tragenden Betriebsrisiko unterfallen.
Das BAG hat weiter differenziert und zunächst abgegrenzt, ob sich der Arbeitgeber selbst z.B. wegen Personalmangel oder Absatzrückgang zur Schließung entschlossen hat. Dann trägt er das Risiko. Schließt der Arbeitgeber jedoch aufgrund behördlicher Anordnung, so ist nach dem BAG deren Zweck zu prüfen. Erfolgt die Anordnung aufgrund von Produktionsbedingungen, die mit einem besonders hohen Infektionsrisiko verbunden sind, geht dies zu Lasten des Arbeitgebers. Hier ist z.B. die Arbeitssituation in vielen Betrieben der Fleischproduktion gemeint. Erfolgt die Anordnung allgemein zum Zweck der Minimierung sozialer Kontakte, um Ansteckungen zu vermeiden, liegt kein Fall höherer Gewalt und damit auch kein Fall des Betriebsrisikos vor. Es handelt sich vielmehr um hoheitliche Gewalt, die zur Betriebsschließung führte. So lag der Fall hier. Der Arbeitgeber war daher nicht verpflichtet, die Vergütung für die Arbeitnehmerin während der behördlich angeordneten Schließung zu zahlen.