Aufgrund der Corona-Pandemie haben Impfnachweise erheblich an Bedeutung gewonnen, was dazu führte, dass sie vermehrt gefälscht und in Umlauf gebracht werden. Der Gesetzgeber hat hierauf reagiert, indem er das Strafgesetzbuch (StGB) mit Wirkung zum 24.11.2021 angepasst und dadurch die Regelungen zur strafrechtlichen Verantwortung, auch für Ärzte, deutlich verschärft hat. Nachfolgend ein Überblick zur Rechtslage sowie Tipps, falls Sie selbst einer solchen Tat beschuldigt werden.
Die Rechtslage vor der Gesetzesänderung
Nach dem bis zum 24.11.2021 geltenden Recht war die Fälschung von Impfpässen und deren Vorzeigen nur bedingt strafbar. Die in Betracht kommenden Straftatbestände der §§ 277 bis 279 StGB, die die Fälschung von Gesundheitszeugnissen betreffen, waren in den meisten Fällen nicht einschlägig, weil diese Normen tatbestandlich die Täuschung einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft voraussetzten. Das Herstellen und Gebrauchen eines falschen Gesundheitszeugnisses, um es anschließend z.B. im Restaurant, Club, Kino oder in anderen Einrichtungen einzusetzen, war also vom Tatbestand nicht erfasst und somit nicht strafbar. Zu diesem Ergebnis gelangte auch das Landgericht Osnabrück, welches sich als eines der ersten Gerichte mit der Vorlage eines gefälschten Impfpasses in einer Apotheke befassen musste (Beschluss v. 26.10.2021, Az. 3 Qs 38/21).
Oftmals keine Strafen wegen Gesetzeslücken
Der außerdem in Betracht kommende Straftatbestand der Urkundenfälschung (§ 267 StGB) war nach altem Recht nicht anwendbar, weil die §§ 277 ff. StGB als Privilegierungstatbestände eine umfassende Sperrwirkung gegenüber § 267 StGB entfaltet haben. Hinsichtlich der Fälschung und des Gebrauchens von Impfpässen bestanden also bis zur Gesetzesänderung, jedenfalls im StGB, Strafbarkeitslücken.
Ärzte und Apotheker auch nach altem Recht strafbar
Dies gilt allerdings nicht für Ärzte und Apotheker. Für diese sah § 75a Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) bereits vor der Gesetzesänderung eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe vor, wenn diese die Durchführung einer Schutzimpfung zur Täuschung im Rechtsverkehr nicht richtig bescheinigt haben. Für Ärzte und Apotheker war die Impfpassfälschung also auch früher schon strafbewehrt.
Die Rechtslage seit 24.11.2021
Durch die Novellierung im StGB wurden bestehende Strafbarkeitslücken geschlossen. In der Gesetzesbegründung wird zudem klargestellt, dass Gesundheitszeugnisse Urkunden sind und insbesondere Impfscheine sowie digitale Impfnachweise dazu zählen.
- Unbefugtes Ausstellen und Gebrauchen von Gesundheitszeugnissen
Strafbar ist weiterhin das Ausstellen von Gesundheitszeugnissen, ohne dazu (z.B. als Arzt) berechtigt zu sein (§ 277 StGB), das Ausstellen von unrichtigen Gesundheitszeugnissen durch berechtigte Personen (§ 278 StGB) sowie der Gebrauch dieser Dokumente (§ 279 StGB). Die bisherige Beschränkung durch das Merkmal „bei einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft“ ist entfallen. Damit wurde die Strafbarkeitsschwelle herabgesetzt. Das heißt, dass nun alle Fälle des Vorzeigens eines gefälschten Impfpasses strafbar sind – unabhängig davon, ob dies gegenüber einer Behörde, einer Apotheke oder im Restaurant erfolgt. Weggefallen ist zudem die Sperrwirkung, sodass die Herstellung falscher Impfpässe auch eine Urkundenfälschung (§ 267 StGB) sein kann. Hinsichtlich des Missbrauchs von Ausweispapieren erfolgte die Klarstellung, dass Gesundheitszeugnisse Ausweispapieren gleichgestellt sind (§ 281 Abs. 2 StGB). Strafbar ist somit auch das Vorzeigen eines fremden Impfausweises.
- Sogar Vorbereitungshandlungen strafbar!
In § 275 StGB wurde Absatz 1a neu eingefügt, der die Herstellung eines unrichtigen Impfausweises als Vorbereitungshandlung unter Strafe stellt. Wer also in einem Blanko-Impfausweis eine nicht durchgeführte Schutzimpfung dokumentiert oder einen auf derartige Weise ergänzten Blanko-Impfausweis sich oder einem anderen verschafft, wird bestraft. Erfasst werden demnach Fälle, in denen in einen leeren Impfausweis eine Impfung eingetragen oder ein Eintrag falsch eingeklebt wird.
- Diese Strafen drohen
Das unbefugte Ausstellen nach § 277 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet. Wer jedoch z.B. als Arzt Impfpässe fälscht (§ 278 StGB), muss mit bis zu zwei Jahren rechnen. In besonders schweren Fällen sind jeweils zwischen drei Monaten bis zu fünf Jahren vorgesehen. Ein besonders schwerer Fall liegt regelmäßig bei Gewerbsmäßigkeit vor, wenn die Nachweise z.B. im Internet oder auf andere Art zum Verkauf angeboten werden. Wird die Tat als Urkundenfälschung eingeordnet, drohen ebenfalls bis zu fünf Jahre Haft. Der Gebrauch gefälschter (§ 279 StGB) und der Missbrauch fremder Impfzertifikate (§ 281 StGB) wird jeweils mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe sanktioniert. In allen Fällen kommen theoretisch aber auch Geldstrafen in Betracht.
Ob immer gleich eine Freiheitsstrafe oder stattdessen eine Geldstrafe ausgeurteilt wird, insbesondere wenn keine Vorstrafen existieren, bleibt abzuwarten. Erste Urteile zeigen jedoch, dass die Gerichte geneigt sind, durchaus hohe Strafen zu verhängen, um eine Abschreckungswirkung zu erzielen.
Was tun, wenn sich die Polizei meldet?
Falls die Polizei gegen Sie ein Ermittlungsverfahren einleitet und Sie in diesem Rahmen vorlädt, raten wir Ihnen dringend an, zunächst keine Angaben zur Sache zu machen. Sie sind lediglich zu den Angaben zur Person verpflichtet, da ansonsten eine Ordnungswidrigkeit vorliegt (§ 111 Abs. 1 OWiG). Im Übrigen ist es ratsam, schnellstmöglich einen Rechtsanwalt hinzuziehen. Dieser kann insbesondere prüfen, ob der Tatvorwurf die Zeit vor dem 24.11.2021 betrifft und daher ggf. nach altem Recht zu beurteilen ist. In dem Fall bestehen gute Chancen, dass das laufende Ermittlungsverfahren eingestellt werden muss, weil Gesetzesänderungen nicht rückwirkend gelten.