(OLG Hamm, Urteil vom 11.04.2011 – I-8 U 100/10)
Grundsätzlich gilt im Recht der Personengesellschaft, zu der die meisten Gemeinschaftspraxen gehören, weil sie in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft organisiert sind, dass ein Mitgesellschafter nicht von dem oder den anderen Mitgesellschaftern hinausgekündigt werden kann, ohne dass dafür eine gesellschaftsvertragliche Grundlage oder ein sachlicher Grund vorliegt. Entsprechende gesellschaftsvertragliche Regelungen oder Regelungen in anderen Verträgen (z. B. Praxiskaufvertrag) sind gemäß § 138 BGB nichtig (BGH, Urteil vom 07.05.2007 – II ZR 281/05).
Dies lässt sich damit begründen, dass kein Gesellschafter unter dem „Damoklesschwert“ Hinauskündigung sich befinden soll und diese Art der „Disziplinierung“ im Widerspruch zu der freien Nutzung von Mitgliedschaftsrechten steht.
Der BGH hat hierzu eine Ausnahme zugelassen. Wenn bei Aufnahme eines neuen Gesellschafters die bisherigen Gesellschafter eine angemessene Frist zur Prüfung des neuen Gesellschafters benötigen, ist eine Hinauskündigungsklausel im Gesellschaftsvertrag in bestimmten Umfang gerechtfertigt (BGH, Urteil vom 08.03.2004 – II ZR 165/02).
Ein solches Hinauskündigungsrecht soll jedoch auch dann gelten, wenn bei Gründung einer Gesellschaft zwischen einem verkaufswilligen Vertragsarzt und einem MVZ zwischen den Parteien vereinbart war, dass spätestens mit Erreichen des 55. Lebensjahres der Vertragsarzt entweder als Gesellschafter ausscheidet oder seine Zulassung in das MVZ zum Zwecke der Anstellung einbringt. Eine solche Vertragsgestaltung, die letztendlich einen steuerlichen Hintergrund hat (§ 34 Abs. 3 EStG) legt das gemeinsame Interesse am eigentlichen Vertragsziel offen. Wenn also die Gründung einer Gemeinschaftspraxis oder Teilberufsausübungsgemeinschaft nur ein Zwischenstadium sein soll, um zu einem definierten späteren Zeitpunkt die Übertragung der Zulassung und der Beteiligung zu realisieren, ist die Ausgestaltung eines Übernahmerechtes des anderen Gesellschafters (eigentlicher Praxiskäufer) so möglich, dass dieser Praxiskäufer auch ein Hinauskündigungsrecht hat und insbesondere auch bevollmächtigt werden kann, die zulassungsrechtlichen Anträge zur Erlangung der Kassenarztzulassung bei den Zulassungsbehörden zu stellen.