(BGH, Urteile vom 06.06.2019, Az.: I ZR 206/17 und I ZR 60/18)
Ist es wettbewerbsrechtlich zulässig, dass Apotheken ihren Kunden geringwertige Zugaben gewähren, wenn diese Rezepte von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln einlösen? Der Bundesgerichtshof sah in den freiwilligen Werbegaben einen Verstoß gegen die Preisbindungsvorschriften.
In dem einen Fall gab eine Apothekerin einen Brötchen-Gutschein für eine in der Nähe gelegene Bäckerei aus, während in dem anderen Fall ein Apotheker eine Vergünstigung beim nächsten Einkauf in Form eines Ein-Euro-Gutscheins gewährte.
Beide Gutscheinformen verstoßen gegen die Preisbindungsvorschriften für Arzneimittel im Arzneimittelgesetz (AMG) und gegen das Zuwendungsverbot in § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) in der seit dem 13.08.2013 geltenden Fassung. Während Apotheker geringwertige Kleinigkeiten in Form von Sachleistungen mit einem Wert von bis zu einem Euro vor der Gesetzesänderung des HWG auch bei preisgebundenen Arzneimitteln gewähren konnten, ist dies heilmittelwerberechtlich nunmehr unstreitig verboten.
Mit der in § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG getroffenen Regelung solle der abstrakten Gefahr begegnet werden, dass der Kunde bei der Entscheidung, ob und sodann welche Heilmittel er in Anspruch nehme, er mit der Aussicht auf Werbegaben unsachlich beeinflusst werde. Soweit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 2 HWG entgegen den Preisvorschriften des AMG freiwillige Werbegaben generell verbietet, werde damit auch ein ruinöser Preiswettbewerb zwischen den Apotheken verhindert und eine flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt.
Auf die finanzielle Geringwertigkeit der Werbegabe ist insoweit nicht abzustellen, nachdem die Preisbindung infolge des mit der Änderung von § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 HWG zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers strikt einzuhalten ist. Insbesondere sei der Verstoß gegen § 7 HWG auch im Sinne des § 3a UWG geeignet, die Interessen von Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen.
Vor diesem Hintergrund sind Zuwendungen oder Werbegaben für verschreibungspflichtige Arzneimittel von Apotheken an Kunden ungeachtet ihres (geringfügigen) Wertes immer unzulässig, soweit sie entgegen den Preisbindungsvorschriften nach dem Arzneimittelgesetz gewährt werden.
Der Handlungsspielraum für Apotheker, ihren Kunden Zuwendungen oder freiwillige Werbegaben im Zusammenhang mit der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu gewähren, ist damit künftig noch kleiner. Zulässig dürften damit allenfalls „kleinere“ Zugaben sein, die sich als Ausdruck allgemeiner Kundenfreundlichkeit darstellen und keinen wirtschaftlichen Wert für den Kunden haben wie z.B. Taschentücher oder Traubenzucker.