Die am 06.06.2019 vom Rat der Europäischen Union (EU) verabschiedete neue EU-Restrukturierungsrichtlinie (2019/1023) ist am 16.07.2019 in Kraft getreten. Ziel der Richtlinie ist die Einführung einheitlicher Grundsätze der Restrukturierung in jedem Mitgliedstaat. Sanierungsfähigen Unternehmen soll die Möglichkeit der Durchführung von effektiven Maßnahmen mit dem Ziel der Entschuldung und Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs erleichtert werden. Das Insolvenzverfahren soll vermieden, die Chance auf eine stärkere Befriedigung der Gläubigerforderungen erhöht werden. Die Richtlinie legt insoweit einheitliche Mindeststandards zur Steigerung der Effizienz von Sanierungs- und Restrukturierungs- sowie von Insolvenz- und Entschuldungsverfahren fest und muss von der Bundesregierung innerhalb von zwei Jahren, mithin bis zum 17.07.2021, in deutsches Recht umgesetzt werden.
Auf Basis der neuen Richtlinie soll der Schuldner die Kontrolle über die Vermögenswerte und den täglichen Betrieb des Unternehmens ganz oder zumindest teilweise behalten. Dem Schuldner kann sodann die Aussetzung von Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen für vier Monate, mit Verlängerungsmöglichkeit auf bis zu 12 Monate, und dem Ziel der Aufstellung eines Restrukturierungsplanes gewährt werden. Darüber hinaus kann der Restrukturierungsplan unter bestimmten Bedingungen auch gegenüber ablehnenden Gläubigergruppen verbindlich werden, solange die Rechte der Arbeitnehmer nicht beeinträchtigt werden.
Da den Mitgliedstaaten aufgrund zahlreicher Öffnungsklauseln eine große Flexibilität bei der Umsetzung eingeräumt wird, kann noch nicht vorhergesagt werden, welche konkreten Voraussetzungen an das vorinsolvenzliche Sanierungs- und Restrukturierungsprogramm gestellt werden. So spricht die Richtlinie u.a. von einer „Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz“. Wie dies konkret in Abgrenzung zur „drohenden Zahlungsunfähigkeit“ oder der „Überschuldung“ als Insolvenzantragsgrund zu verstehen ist, bleibt abzuwarten. Insbesondere wird das vorinsolvenzliche Restrukturierungsverfahren zum bereits bestehenden Eigenverwaltungsverfahren, dem schon ein Insolvenzantrag vorausgegangen ist, abzugrenzen sein. Allerdings wird auch dieses neue Verfahren wohl nur dann gelingen, wenn neue finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.
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